Zu unserer Hochzeit schenkte mir ein Freund seine Clubcard für die Lufthansa-VIP-Lounge, heute heißt das Senator-Gold oder so. Ich weiß es nicht, weil ich in diese Spähren nie vorgedrungen bin.
Zurück zum Hochzeitsgeschenk. Das heißt, eigentlich bekamen wir die Karte geliehen, nicht geschenkt, Eine Flitterwochenleihgabe sozusagen. Meine Frau und ich flitterten in den USA. Wir flogen über Amsterdam und Los Angeles nach Las Vegas. Also drei Stopps und drei Mal die Möglichkeit, einen auf dicke Hose zu machen.
In Amsterdam hatten wir etwa zwei Stunden Zwischenaufenthalt. Eine halbe Stunde davon vergeudeten wir mit dem Herumlungern vor der getönten Lufthansa-Lounge-VIP-Tür, weil wir uns so recht nicht trauten hineinzugehen. Wir sahen eher aus wie die Sparversion der Robinson-Family und hinein und heraus aus dem Edelschuppen kamen ausschließlich Anzugsträger. Sei’s drum. Wir wollten etwas riskieren. Die Karte lief auf den Namen Philipowsky.
Was ich nicht wusste, woher auch: Die durchweg freundlichen Lufthansa-Damen wollen nicht nur die Clubkarte sehen, sondern auch die Tickets. Das machen sie allerdings nur, um ihre exklusiven Gäste im Falle eines Jetlag-Tiefschlafs freundlich zu wecken und sie daran zu erinnern, dass gleich ihr Flug geht. Über Lautsprecher ertönt dann so etwas wie „Mister Ackermann ihr Flug nach Rio wurde gerade aufgerufen“.
Als die junge Dame mein Ticket sehen wollte, begann ich zu schwitzen. Auf dem Ticket stand mein Name, also Reckermann und nicht Philipowsky. Aufgefallen: Die beiden Namen haben nicht einen Buchstaben gemeinsam! Außerdem flogen wir Holzklasse, das passte so gar nicht zur Pianomusik in dieser Lounge.
Es musste eine Ausrede her, es musste eine Ausrede her… „Ich kann Ihnen mein Ticket nicht geben“, sagte ich. Die Frau schaute mich verdutzt an. Meine Frau wurde auch schon sehr nervös. Wie peinlich, wenn man uns herausschmeißen würde. „Wir sind in den Flitterwochen und meine Frau soll nicht wissen, wohin es geht.“ Die LH-Frau hatte immer noch ihren Mund auf, es dauerte etwa eine halbe Minute bis sie anfing zu kichern und ihr Köpfchen gerührt zur Seite kippte. „Wie süüüüß“, lachte sie und kniff mir ein Auge zu.
So kamen also zwei Landeier in die Edellounge der Lufthansa.
Wir benahmen uns standesgemäß. Ich stopfte mir mindestens sechs Dosen Heinecken in meinen Rucksack und verteilte diverse Knabberutensilien auf die Taschen meiner Frau. Ja, damals wurde selbst in der First-Class aus Dosen gesoffen, also für unterwegs. Ein Flugbier quasi. Wir probierten am Buffet ausnahmslos jede Speise, die uns dort gut gekühlt oder angenehm aufgewärmt anlachte. Natürlich tranken wir Bier, Weiß- und Rotwein im Wechsel.
Nach einer halben Stunde war jegliche Scheu vor dem Luxus verschwunden. Wir lungerten in den dunklen Ledersofas herum, machten Witze, wenn die Börsenkurse über diverse Fernsehschirme flimmerten („Jawoll, satte 15 Prozent zugelegt…“ oder „Zum Glück hast du deine Firma rechtzeitig verkauft Schatz“).
Der freundlichen Empfangsdame hatte ich inzwischen zugeflüstert, dass es nach Vegas geht, mein Ticket wollte sie da schon nicht mehr sehen, so konnte sie mir aber ein Zeichen geben, wenn der Flug zum Boarding bereit war. Manchmal haben Übersee-Flüge ja Verspätung, und ich wollte auf keine Minute in dem Raum mit Sicht auf Start- und Landebahn verzichten.
Als es endlich losging, hatten wir einen leichten Schwips und waren vollgestopft wie Weihnachtsgänse. Beim Herausgehen hörte ich noch, wie meine Lufthansa-Freundin einen elegant gekleideten Japaner vor die Tür bat. Seine Senator-Karte war nicht mehr gültig. Da half auch sein gewedel mit dem Frist-Class-Ticket nichts. Manche Leute haben aber auch kein Benehmen…
Reichen eigentlich 49 Jahre, na gut, fast 50 Lebensjahre aus, um eine Halbzeitbiografie zu schreiben? Ich denke, es hat sich eine Menge Kurioses, Schönes, Nachdenkliches und Lustiges angesammelt. Bis zu meinem 50. Geburtstag schreibe ich einige Erinnerungen hier einfach einmal nieder. Will doch keiner lesen? Ja Gott, dann lasst es. Wen es interessiert ... willkommen in meiner Welt.
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